Beschreibung
Weltbewegend, scheint es, ist bei Anton Cechov gar nichts. Es geht nicht um Revolution, nicht um Krieg und Frieden, nicht um Schuld und Sühne. Cechov schaut sich die Welt von nahem an. Denn 'die grossen Dramen der Gegenwart', sagt der Schriftsteller, 'finden im Kleinen statt, in aller Stille, verborgen im Alltäglichen.' Den Helden Cechovs scheint ihr Alltag manches Mal nicht genug. 'Nach Moskau!' wünschen sie sich: In der vermeintlichen Eintönigkeit, in der träge dahinfliessenden Zeit nistet die Sehnsucht. Immer träumt jemand von einem Leben, wie es sein könnte, sein sollte, vom eigentlichen Leben, das erst noch beginnen soll - vergeblich. Die Unveränderlichkeit und das derweil vielleicht verpasste Leben machen die cechovsche Tragik aus; doch hat diese immer auch eine heitere, eine komische Seite. Das Leben ist einfach kompliziert. Daran hat sich auch nach den Revolutionen des 20. Jahrhunderts nichts geändert - Cechov lesen heisst: Man interessiert sich für ganz normale Menschen. 'du' geht Anton Cechov Werks nach, 100 Jahre nach seinem Tod. Mit einem Essay von Richard Ford, der uns sagt warum wir Cechov lieben. Mit einem Lob der Langeweile von Wilhelm Genazino, mit einer Hommage von Andrej Bitow an seinen literarischen 'Grossvater Cechov', mit neu erzählten Cechov-Stoffen von Peter Stamm und Juli Zeh, mit einer von Cechovs Erzählungen inspirierten fotografischen Inszenierung von Istvan Balogh im heutigen Alltag. Mit einer Chronik zu Leben und Werk. Mit einer Theater-Reportage aus Vilnius, die darüber Auskunft gibt, warum man ausgerechnet Cechov immer und überall inszeniert. Mit einer Recherche zu den Briefen Cechovs, den schönsten Schriftstellerbriefen überhaupt. Mit einer exemplarischen Recherche zu Cechovs Arbeitsweise von Übersetzer und Herausgeber Peter Urban. Und mit der deutschen Erstveröffentlichung eines späten Erzählungsfragments.