Beschreibung
5. März 1944: In Cremenaga, einem kleinen Dorf an der italienisch-schweizerischen Grenze, wird der Schreiner Giuseppe Vaglio von der deutschen SS verhaftet. Er hat Juden und verletzten Partisanen geholfen, den Grenzfluss Tresa zu überqueren und sich in die Schweiz zu retten. Am 6. Juli 1945, sechzehn Monate nach seiner Verhaftung, kehrt Giuseppe zurück: verwundet, abgemagert, auf einem Ohr taub. Bis an sein Lebensende schweigt Giuseppe - er ist der Großvater von Fabio Andina - über das, was er erlebt hat. Im Roman Sechzehn Monate zeichnet Andina das Bild einer Dorfgemeinschaft, die in Kriegszeiten zusammenhält, obwohl der Faschismus einzelne Dorfbewohner vergiftet. Er porträtiert Giuseppes Frau, die fromme Concetta, die versucht, ihre zwei Kinder nie spüren zu lassen, wie verzweifelt sie ist. Und er begleitet Giuseppe auf seinem Leidensweg durch drei italienische Gefängnisse, auf dem Transport nach Mauthausen und durch den Albtraum der KZ-Zwangsarbeit. Nach Kriegsende kehrt Giuseppe zu Fuß nach Cremenaga zurück. Dass er überlebt hat, verdankt er seinem Schreinerberuf und seiner Liebe zu Concetta, an die er Tag und Nacht denkt und von der er weiß, dass sie auf ihn wartet.
Leseprobe
Concetta und die Kinder gehen weiter zum Obstgarten. Giuseppe klettert vom Apfelbaum herunter, und alle vier setzen sich auf die schon ein wenig warme Steinmauer, das Gesicht zur Sonne, die Ärmel aufgekrempelt. Die Sonne ist die beste Medizin, sagt Giuseppe, dann hört man nur noch das Mahlen ihrer Zähne, während sie das Brot und die Kartoffeln essen. Don Carlo kommt mit seinem langen schwarzen Talar auf einem Damenfahrrad von der Straße unten herbeigeradelt. Er steigt ab, schiebt es durch den Schnee. Setzt sich zu ihnen auf die Mauer. Es gehen Gerüchte um, sagt er. Es gehen viele Gerüchte um, sagt Giuseppe. Kommt nicht drauf an, wie viele, sondern darauf, wovon die Rede ist. Die Leute hören, sehen und reden. Pass auf bei dem, was du machst, Giuseppe. Im Dorf gibt es leider welche, die schlecht sehen, kaum hören und zu viel reden. Ein Kleinlaster der Deutschen spritzt Schlamm auf, bremst und hält an. Vom Führerhaus aus beobachten zwei Soldaten den Priester, während er mit Giuseppe spricht.