Beschreibung
Ihre erste Begegnung im Jahr 1970 war eher zufälliger Natur: Alice Schwarzer führte gerade ein Interview mit Jean-Paul Sartre, als Simone de Beauvoir den Raum betrat. Die Philosophin reagierte abweisend auf die junge blonde Journalistin im Minirock, sagte bloß schneidend zu ihrem Partner: 'Sartre, Sie wissen, dass wir gleich eine Pressekonferenz haben', und wandte Schwarzer den Rücken zu. Doch schon bald erkannten sich die beiden Frauen als Gleichgesinnte, wurden politische Weggefährtinnen und Freundinnen. Und so zeugen die Interviews, die Alice Schwarzer zwischen 1972 und 1982 mit der bedeutenden Schriftstellerin und Feministin geführt hat, von großer Offenheit und Intimität. Simone de Beauvoir formuliert nicht nur mit der für sie typischen Klarheit und Radikalität ihre Ansichten über Politik, Macht, Sexualität und die Rolle der Frau, sondern spricht auch über Persönliches: das Älterwerden etwa oder ihre offene Beziehung mit Sartre. Das erste Interview, in dem Beauvoir mit der Aussage 'Ich bin Feministin!' dezidiert Kritik am Sozialismus übte, machte weltweit Furore; ihre Thesen zur Mutterschaft lösten wahre Proteststürme aus. Und bis heute haben ihre Positionen zur Bedeutung des biologischenGeschlechts und zur politischen Verortung des Feminismus nicht an Sprengkraft eingebüßt.
Leseprobe
'Sie sind oft gefragt worden: Bereuen Sie heute, kein Kind zu haben?O nein! Ich gratuliere mir jeden Tag dazu! Wenn ich die Großmütter sehe, die - anstatt endlich einmal ein bisschen Zeit für sich selbst zu haben - auf kleine Kinder aufpassen müssen. Das macht ihnen nicht immer nur Freude.''Sie waren - auch nach Männernormen - immer eine sehr schöne Frau. Hat es Ihnen etwas ausgemacht, Falten zu bekommen?Ich habe mich nie sehr auf die Schönheit verlassen. Als ich dreißig, fünfunddreißig, vierzig war, konnte es mir passieren, in den Spiegel zu schauen und mich ganz passabel zu finden. Aber es ist mir nie so gegangen wie manchen Frauen, die ich kenne - und die ich auch schätze und mag -, die ganz auf ihre Schönheit gebaut haben und dann nur sehr schwer mit dem Altern zurechtkommen. Wichtig war mir vor allem mein Kopf, alles andere war sekundär.''Ohne die Begegnung mit Ihnen hätte Sartre sich vermutlich in sehr klassischen Liebesstrukturen wiedergefunden.Ein verheirateter Sartre? Das hätte ihm ganz sicherlich gestunken. Aber es stimmt, man hätte ihn leicht in die Enge treiben können. Das schlechte Gewissen. Aber er pflegte sich dann auch schnell wieder davon zu befreien.'