Beschreibung
"Dieses Buch eröffnet neue, manchmal völlig unerwartete Blickwinkel." Geist und Auftrag "Freu dich darüber, dass du gestolpert bist - du hast es geschafft, nicht hinzufallen!" aus dem Inhalt
Autorenportrait
Kristina Reftel, geboren 1975, arbeitet als Verlagsleiterin im Argument Verlag in Varberg/Schweden. Sie sammelt Erzählungen. Immer und überall: "Ich habe nach dir gewonnen" und "Immer geliebt" sind Resultate der "Schatzsuche" vieler Jahre.
Leseprobe
Der Ballonmann Ein Vater nahm seinen kleinen Sohn mit in ein Spielwarengeschäft. Während der Vater nach dem suchte, was er kaufen wollte, sah sich der Junge auf eigene Faust um. In einer Ecke fand er eine Figur aus Luftballons. Der große Luftballonmann faszinierte den Jungen, darum blieb er eine Weile davor stehen. Nach einer Weile konnte es der Junge nicht bleiben lassen, ein wenig gegen die Figur zu tippen, einfach nur, um zu sehen, was dann passieren würde. Die Luftballonfigur kippte leicht nach hinten, kippelte dann aber wieder nach vorne zurück und stand wieder aufrecht. Das machte den Jungen nur noch neugieriger, sodass er nun dem Luftballonmann einen tüchtigen Stoß versetzte, diesmal mit voller Kraft. Aber auch diesmal passierte dasselbe: Der Luftballonmann kippte zwar zunächst nach hinten, wippte dann aber wieder nach vorne und blieb aufrecht stehen. In dem Augenblick kam der Vater des Jungen hinzu und sah, wie sein Sohn fasziniert den Luftballonmann anschaute. 'Woher, glaubst du, kommt es, dass er jedes Mal wieder aufsteht, wenn du ihn niedergeschlagen hast?', fragte der Vater. Der Junge dachte eine Weile nach und sagte dann: 'Vielleicht kommt das daher, dass er innerlich aufrecht steht?' Wenn du so weit gekommen bist, wie du es vermagst, und vor dem Abgrund zum Unbekannten stehst - dann halte an dem Glauben fest, dass eine von zwei Sachen passieren wird: Entweder wirst du einen festen Grund finden, auf dem du stehen kannst, oder du wirst fliegen lernen. Vom Urteilen Es war einmal ein alter Mann, der in einem kleinen Dorf wohnte. Er war sehr arm, doch sogar Könige beneideten ihn um sein schönes, weißes Pferd. Viele hatten das Pferd bereits kaufen wollen, doch der Mann hatte das immer abgelehnt. Eines Morgens entdeckte der Mann, dass das Pferd nicht mehr im Stall stand. Das ganze Dorf kam und redete auf den Mann ein: 'Was bist du doch für ein Dummkopf gewesen! Du hättest das Pferd verkaufen sollen, dann hättest du jetzt ein wenig Geld, um am Ende deines Lebens davon zu leben. Nun ist das Pferd gestohlen worden, und du hast weder Geld noch das Pferd. Welch ein Unglück!' Der alte Mann antwortete: 'Das können wir nicht wissen. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass das Pferd nicht mehr im Stall steht. Das ist das Einzige, was wir sicher wissen, alles andere sind Vorurteile. Ob das ein Unglück oder ein Segen ist, das wissen wir noch nicht, denn das, was wir sehen können, ist nur ein Fragment des Lebens. Wer weiß schon, was noch passieren wird?' Die Leute im Dorf lachten den Mann aus. Man hatte immer schon gedacht, dass er ein bisschen merkwürdig war, ein wenig verrückt - und nun hatten sie den Beweis dafür. Doch vierzehn Tage später kam das Pferd plötzlich wieder zurück. Es war gar nicht gestohlen worden, sondern ausgebrochen und in die Wildnis gegangen. Und nun kam es zurück, zusammen mit zwölf anderen weißen Pferden, die genauso schön waren wie es selbst. Die Leute im Dorf kamen zusammen und wunderten sich: 'Alter, du hattest Recht. Das war wirklich kein Unglück, dass dein Pferd verschwunden ist. Jetzt sehen wir, welch ein Segen es gewesen ist!' Der alte Mann antwortete: 'Das können wir nicht wissen. Das Einzige, was wir wissen, ist, dass mein Pferd zurückgekommen ist. Ob das ein Unglück oder ein Segen ist, das wissen wir noch nicht. Wenn man nur ein einziges Wort eines Satzes liest, wie kann man da das ganze Buch beurteilen?' Dieses Mal lachten die Dorfbewohner den Mann nicht offen aus, doch tief in sich wussten sie, dass er Unrecht hatte. Er hatte ja nun dreizehn schöne Pferde, über die er sich freuen konnte. Der Sohn des alten Mannes begann damit, die Wildpferde zuzureiten. Doch nach nur einer Woche fiel er von einem der Wildpferde und brach sich das Bein. Die Leute des Dorfes kamen wieder zusammen: 'Denk mal, du hattest Recht! Das war ganz offensichtlich ein Unglück, dass diese Pferde zu dir gekommen sind. Nun hat sich dein einziger Sohn ein Bein gebrochen, er, der das Geld für euch beide verdie