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Roman

Erschienen am 13.05.2008
7,95 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783442467280
Sprache: Deutsch
Umfang: 284 S.
Format (T/L/B): 2 x 18.6 x 12 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Eine Geschichte über Einsamkeit und den Versuch, diese zu überwinden Tim ist Anfang 20 und hat mit den Nachwirkungen seines Ruhms als jugendlicher Bestsellerautor zu kämpfen. Die Arbeit an seinem zweiten Roman geht nicht voran. Wieder etwas wirklich Gutes schreiben zu müssen, lastet zu schwer. So sagt er auch sofort zu, als Tanja, eine flüchtige Bekannte, ihn fragt, ob er sie auf ihrer Interrailreise begleiten wolle. Tanja scheint mit ihren 18 Jahren viel besser zu wissen, wo es langgeht, als Tim. Aber was zuerst als Zweckgemeinschaft gedacht war, entpuppt sich schnell als emotionales Abenteuer. Eine Reise in die Extreme der Gefühle beginnt . Vom Autor des Bestsellers "Crazy".

Leseprobe

Immer wenn ich traurig bin, versuche ich an Fotoalben zu denken. Immer wenn ich daran zweifle, ob es gut ist, dass ich existiere, blättere ich in meinem Geiste all die Fotoalben durch, Fotoalben verschiedenster Menschen aus verschiedensten Ländern, in denen zufällig und, ohne dass diese Menschen Notiz davon nehmen würden, ein Foto klebt, auf dem ich zu sehen bin. Fünf japanische Männer vor einem Brunnen in München. Im Hintergrund, am Brunnenrand sitzend: eine dicke, ältere Frau in einer blauen Bluse, die gerade ein Eis schleckt. Zu ihren Füßen, sehnsuchtsvoll zu ihr heraufblickend: ein kleiner Jack-Russell-Terrier. Rechts neben ihr, zwar nicht in ihre Richtung, nicht in Richtung des Eises, doch mindestens genauso sehnsuchtsvoll dreinblickend wie der Hund: ich. Zwei Schülerinnen an einem winterlichen Tag, an Deck einer Fähre. Um sie herum Leute in dicken Jacken oder Mänteln. Die meisten haben Mützen auf dem Kopf, ihre Hände stecken in Handschuhen. Und alle haben verkniffene Gesichter, weil ihnen der Wind so um die Ohren pfeift. Einer dieser Leute, ein dünner junger Kerl mit blauen Augen und Walkman-Stöpseln im Ohr: ich. Ein älteres Ehepaar an einem herrlichen Sommertag an der französischen Atlantikküste. Sie hat einen weißen Strohhut auf dem Kopf, er ein Basecap. Beide tragen Strandkleidung und Sonnenbrillen. Er hat seinen Arm um sie gelegt. Über ihnen azurblauer Himmel, hinter ihnen heranrollende Wellen. Seitlich barfuß ins Bild rennend, mit einem Bodysurfbrett unterm Arm, einem von der Sonne verbrannten Oberkörper und einer engen roten Badehose: ich. Wenn mich also tiefe Traurigkeit überkommt, denke ich daran, dass natürlich auch ich unzählige Fotos besitze, auf denen Leute zu sehen sind, mit denen ich nicht das Geringste zu tun habe, von denen ich nicht weiß, durch was für ein Leben sie gehen. Ob der eine vorübergehend, weil es gerade nicht anders geht, bei den Eltern seiner Freundin leben muss und jetzt mit ihnen durch die Innenstadt spaziert. Ob eine gerade durch ihr Wirtschaftsexamen gefallen ist und jetzt verzweifelt nach Hause geht. Ob einer, der in seinem Heimatland ein Experte für die Fischart Rotauge ist, jetzt gerade mit seinen deutschen Bekannten in einem Café sitzt und sie in die Welt der Rotaugen einweiht. Plötzlich befindet sich diese Person mit ihrem kleinen, um sie kreisenden Universum in unmittelbarer Nähe von mir und meinem kleinen, um mich kreisenden Universum, just in dem Augenblick, in dem der Auslöser eines Fotoapparats betätigt wird. Sicher sind auch wir fotografiert worden. Zusammen. Irgendwo in einer Schachtel befindet sich ein Foto von Tanja und mir, auf unserer merkwürdigen Reise in den Norden. Ich weiß nicht genau warum, aber ich habe die Vorstellung, dass solche Fotos existieren, immer als sehr tröstlich empfunden. Wo immer man auch ist auf dieser Erde, man kann unmöglich verloren gehen. Tanja kam an einem Juniabend in Berlin an. Gegen sechs Uhr sollte ich sie vom Bahnhof abholen. Ich stand gegen einen Getränkeautomaten gelehnt. Leute eilten an mir vorbei, Getrappel, Bahnhofslärm, Durchsagen. Auf einmal war sie da. »Tim!« Das war der Anfang. Sie schlang ihre Arme um meinen Hals und küsste mich. Wir fuhren mit der S-Bahn zu mir. Da ich noch nie Interrail gemacht hatte, und sie als Pfadfinderin eine Expertin war, hatte sie die Reise organisiert. Sie hatte mir am Telefon durchgegeben, welche Route wir nehmen würden, was alles sehenswert sei, und ich sagte immer: »Jaja, genauso machen wir's!« Sie hatte sogar ein Zelt mitgenommen und einen Rucksack für mich. Einen riesigen roten Wanderrucksack. Natürlich sagte sie mir auch, was ich einzupacken hatte. Wir setzten uns in die Küche und tranken Wein. Draußen mischte sich Dunkelheit in den Tag. Eine kleine Kerzenflamme tänzelte in einem Glas auf dem Tisch. Lichtflecken zitterten auf der Tischplatte und auf der Wand. Die Rotweingläser schimmerten. Wir redeten wenig. Unsere Blicke hielten einander nicht lange stand. Gut möglich, dass wir uns be Leseprobe

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