Beschreibung
'David Schnarch zeigt, dass Liebesbeziehungen zu einer Differenzierung des Selbst herausfordern. Man muss lernen, sich dem Partner gegenüber mit echten Gefühlen zu zeigen und in der Intimität bei sich selbst zu bleiben. Das ist eine sehr hohe Anforderung, deren Erfüllung oft schwierig und schmerzlich ist. Intimität und enge Bindung sind nach Schnarch nur möglich, wenn die Autonomie der Partner gesichert bleibt. Erst das eröffnet die Möglichkeit, die Beziehung auch sexuell spannungsgeladen und lebendig zu erhalten.' (Jürg Willi im Vorwort)
Autorenportrait
David Schnarch gilt als der führende Sexualtherapeut in den USA, wo er durch seine Publikationen, seine Radiosendungen und zahlreichen Vorträge einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Er ist Klinischer Psychologe, war Professor für Urologie an der Louisiana State University und ist Direktor des 'Marriage and Family Health Centre' in Colorado.
Leseprobe
Vorwort zur deutschen Ausgabe Ich freue mich, daß dieses wichtige amerikanische Buch, das bereits in fünf Sprachen übersetzt wurde, nun auch auf Deutsch erschienen ist. David Schnarch ist ein führender amerikanischer Sexualtherapeut, der durch seine Publikationen, seine zahlreichen Vorträge und Seminare und insbesondere durch seine Fernsehsendungen einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht hat. Er verfügt über die Fähigkeit, sexuelle Probleme, die wohl jeder aus eigener Erfahrung kennt, offen und direkt anzusprechen und die Leserinnen und Leser mit neuartigen und einleuchtenden Sichtweisen zu überraschen. David Schnarch distanziert sich von Übungsprogrammen, wie sie vor Jahrzehnten von den amerikanischen Sexologen Wilhelm Masters und Virginia Johnson sowie von Helen Singer Kaplan ausgearbeitet wurden. Die verhaltenstherapeutisch ausgerichteten sensate focus-Übungen waren auf die Wiedererlangung der sexuellen Funktionsfähigkeit ausgerichtet, also auf die Behebung von Störungen bei Erektionen, Ejakulationen oder Orgasmen. Man konzentrierte sich dabei stark auf das bloße Funktionieren, was durch eine Reduktion der Erwartungsängste erreicht werden sollte. Dabei verlangten die Übungen vom Partner oftmals eine nicht-fordernde Grundhaltung, die sein eigenes sexuelles Erleben behinderte sowie das Aufkommen einer partnerschaftlichen Intimität und Erotik erschwerte. Nachdem dieser Ansatz der Sextherapie zunächst ein weltweiter Erfolg war, wurde es nach einigen Jahren still um ihn, ohne daß neue Methoden an seine Stelle getreten wären. Durch David Schnarch kommt es nun zu einer Wiederbelebung der Sexualtherapie. Er geht von einer grundlegend anderen Haltung aus. Sein Schwerpunkt liegt nicht in der Wiederherstellung der sexuellen Funktionsfähigkeit, sondern darin, sexuelle Intimität und Erotik zu ermöglichen - ein Gesichtspunkt, der bisher vernachlässigt wurde. Sexuelle Intimität setzt nach seiner Meinung die Fähigkeit voraus, sich dem Partner so zu zeigen (und sich dem Partner so zuzumuten), wie man wirklich ist. Es braucht Mut und Reife, sich dem Partner mit all seinen Gefühlen und Ausdrucksmöglichkeiten anzuvertrauen und sich dabei mit sich selbst zu konfrontieren. Wenn man sich dem Partner offenbart, geht man das Risiko ein, daß er darauf nicht mit Entzücken und Empathie reagiert. Aber man hat keine andere Wahl, man muß das ertragen. Man kann das Wesentliche des Ansatzes von David Schnarch mit folgendem Beispiel aus seiner Praxis illustrieren: Ein Paar, beide Partner etwas über fünfzig, sitzt bei ihm in der Therapie. Der Mann wagt erstmals offen zu sagen, was ihm den sexuellen Zugang zu seiner Frau erschwert: 'Mich stört einfach deine alternde Haut. Ich fühle mich nun mal stärker von junger Haut angezogen.' Die Frau ist verletzt und fühlt sich nach der Sitzung ohnmächtig und deprimiert. Doch dann setzt bei ihr ein Umdenken ein, und sie überrascht in der folgenden Sitzung ihren Mann mit folgenden Worten: 'Ich hatte eine schwere Zeit nach der letzten Sitzung. Ich habe mich in der Zwischenzeit eingehend im Spiegel betrachtet und kam dabei zur Feststellung: Ich habe tatsächlich die Haut einer 50jährigen. Doch dann wurde mir klar: Das ist meine Haut, sie paßt zu mir, sie gehört zu mir, ich fühle mich in ihr wohl. Hast du hier etwa ein Problem?' Wenn Partner eine Liebesbeziehung eingehen, hegen sie insgeheim die Erwartung, der Partner reagiere auf jede intime Offenbarung mit Wertschätzung, Anerkennung und Liebe. Es besteht der Wunsch, diese positiven Gefühle zu erhalten, aber es wird befürchtet, diese Gefühle könnten verlorengehen. Also versucht man, die harmonische Übereinstimmung mit dem Partner zu bewahren, indem man alles vermeidet, was trennend wirken könnte. Man neigt dazu, die Erwartungen des anderen zu erfüllen und sich seinen Wünschen anzupassen. Dies zeigt sich oft bei jungen Paaren, bei denen der Mann häufigeren sexuellen Kontakt haben möchte als seine Frau. Wenn die Frau sexuelle Beziehungen ablehnt, sagt er: 'Aber wenn