Ein Change Management in Unternehmen gelingt nur, wenn es mit den Menschen vollzogen wird, die in der Organisation wirken. Nur die Menschen können neue Strukturen mit neuem Leben erfüllen. Sie können einen Wandlungsprozess aber auch scheitern lassen, wenn sie Widerstand leisten. Die Autoren demonstrieren ganz praxisbezogen, wie es gelingt, die wesentlichen gruppendynamischen Prozesse zu identifizieren, ihre Kräfte positiv zu nutzen und zerstörerische Energien in Schach zu halten. Die Autoren beschreiben konkrete Instrumente, mit denen verantwortliche Manager, Berater sowie Menschen, die von Wandlungsprozessen betroffen sind, das eigene Verhaltensrepertoire erweitern können. Dieses Buch trägt dazu bei, das Geschehen rund um Change Management zu entmythologisieren."Ein Volltreffer! Die Autoren holen endlich die Gruppendynamik aus der Expertenecke und machen auf verständliche Weise deutlich: Wer Veränderungen steuern will, muss die Energie der zwischenmenschlichen Dynamik verstehen - und nutzen!" Brigitta Lentz, Capital
Klaus Doppler (Abb.) ist Spezialist für die Begleitung des Umbaus angesehener Unternehmen sowie staatlicher Institutionen. Er ist Autor des Klassikers »Change Management«. Bert Voigt und Birgitt Lebbe-Waschke sind seit vielen Jahren als selbstständige Organisations- und Managementberater sowie als Trainer tätig. Hellmuth Fuhrmann ist vor Drucklegung der 1. Auflage dieses Buches verstorben.
Vorwort: Change Management
mit den Menschen
Der andauernde Erfolg des Buches Change Management spricht für sich. Mittlerweile auch in mehrere Fremdsprachen übersetzt, freuen sich die Autoren und der Verlag Jahr für Jahr über vier- bis fünfstellige Verkaufszahlen. Dies zeigt: Auf der Bühne der Unternehmensführung steht das Stück Veränderung oder auf Neuhochdeutsch Change auf dem Dauerspielplan. Es scheint mittlerweile unbestritten, dass Veränderungen nahezu überall erforderlich sind, in der Wirtschaft, in Verwaltungen, in sogenannten Non-Profit-Organisationen, in Vereinen und Verbänden. Unumstritten scheint auch, dass sich Veränderungen immer häufiger, immer schneller und insgesamt immer radikaler vollziehen.
Die Frage nach dem Warum ist auch hinlänglich untersucht: Wesentliche Treiber sind die revolutionären Entwicklungen im Bereich der Informatik, Telekommunikation und Softwaretechnologien. Die Folgen dieser Entwicklungen, unter anderem die Möglichkeit, Geschäftsprozesse völlig neu zu komponieren, alles global zu vernetzen, und die zunehmende Transparenz, sind weitere Antriebe in diesem Wettlauf des Wandels. Alle können ins globale Spiel eingreifen, vorausgesetzt, sie verfügen über das notwendige Startkapital, sprich, die entsprechenden Ressourcen, die erforderliche Kompetenz, und sind bereit, das gebotene unternehmerische Risiko einzugehen.
Damit haben wir aber das Thema Wandel keineswegs im Griff. Wir sind mitten im Fluss, gleichgültig unter welchem modischen Etikett es abgewickelt wird, ob Business Reengineering, Change Management, Leadership, Transition Management, Organisationsentwicklung oder ähnlichen Bezeichnungen. Nach wie vor suchen Unternehmen und Organisationen nach Unterstützung. Viele tun sich im Durch- und Umsetzen von Veränderungen außerordentlich schwer. Häufig ist die Rede davon, dass Veränderungsprojekte scheitern. Die Dunkelziffer ist hoch, einiges erfährt man nur unter der Hand. Mut und Ratlosigkeit, Machbarkeitseuphorie und Ohnmacht wechseln einander ab.
Bleibt also die entscheidende Frage nach dem Wie. Worin besteht die Kunst, Veränderungsprozesse so anzulegen, dass sie eine Chance auf Erfolg haben? Dazu gibt es inzwischen eine Vielzahl theoretischer Hinweise und eine Menge praktisches Rüstzeug. Ist nicht schon eigentlich alles gesagt, was seriöserweise zu sagen ist? Wird diese Frage mit Ja beantwortet, dann muss die Gegenfrage lauten: Warum, wenn alles so klar ist, passieren Veränderungen trotzdem so schleppend oder scheitern gar? Wenn noch nicht alles gesagt ist, was fehlt denn wirklich?
Was die allgemeine Notwendigkeit von Veränderung angeht, so ist tatsächlich vieles hervorragend beschrieben. Und dies sogar mehrfach. Auch die eigentlichen Erfolgsfaktoren von Veränderungsprozessen und die Klippen, die es dabei zu überwinden gilt, sind wiederholt definiert worden. Allerdings heißt das noch lange nicht, dass alle verstanden haben, um was es wirklich geht, und schon gar nicht bedeutet dies, dass sich die Praxis dadurch auszeichnet, sich konsequent an diesen theoretischen Erkenntnissen auszurichten. Was aber, wenn diese Inkonsequenz nicht nur eine Folge menschlicher Bequemlichkeit wäre, sondern wenn es dafür tiefere Gründe gäbe? Ursachen, denen wir noch auf die Spur zu kommen hätten? Und genau dies ist unsere These: Es ist beileibe noch nicht alles gesagt. Um zu verstehen, warum die Umsetzung von Veränderungen bisher scheinbar so mangelhaft ist - und um zu begreifen, dass es gar nicht anders gehen kann, oder um zu lernen, wie Sie es besser machen könnten -, fehlen unserer Meinung nach einige wesentliche Aspekte.
Lassen wir doch vor unserem inneren Auge die Veränderungsansätze der letzten Jahre Revue passieren. Drei Ansätze sind vor allem erkennbar:
- flache Hierarchien,
- Organisationen, die sich an den Geschäftsprozessen orientieren, und
- möglichst basisnahe unternehmerische Selbstverantwortung.
Viele Menschen wurden in den letzten Jahren ziemlich abrupt aus der gewohnten Welt steiler Hierarchien und vertikal abgegrenzter Funktionen und aus dem generell versorgten, zugleich aber entmündigten Zustand in das freie Spiel der Kräfte von selbststeuernden Gruppen und unternehmerischer Eigenverantwortung entlassen. Drei Schlagworte sind für diesen Trend bezeichnend:
- Reengineering,
- Unternehmertum und
- Empowerment.
Dazu wurden ganze hierarchische Stufen ersatzlos gestrichen und Organisationen wurden so umgestaltet, dass überschaubare durchgängige Verantwortungsbereiche geschaffen wurden. Und genau dies war der Kunst- und Fehlgriff zugleich.
Neue Strukturen allein schaffen noch keine neuen Menschen. Viele haben die neuen Strukturen mit ihrer alten Mentalität gefüllt. Sie sind gewissermaßen mit der alten Ausstattung in die neue Wohnung übersiedelt. Die innere Einstellung hat mit dem äußeren Wandel nicht Schritt gehalten. Aus einem angepassten, sorgfältigen, über Jahrzehnte hinweg entmündigten Beamten wird nicht über Nacht ein risikobewusster, entscheidungsfreudiger Unternehmer. Wer sein Handeln bisher konsequent nur danach ausgerichtet hat, ja, ausrichten musste, keine Verfahrensfehler zu machen, der kann sich nicht so ohne Weiteres in einen Unternehmer verwandeln, dessen Hauptsorge es ist, Lösungen für anfallende Probleme zu finden - und genau dies als übergreifendes Ziel seiner Arbeit zu akzeptieren.
Und, Hand aufs Herz, in den weitaus meisten Fällen wurden und werden Veränderungen nicht deshalb vorgenommen, weil man einer neuen Führungsphilosophie und einem neuen Menschenbild folgen will. Nein, der wesentliche Auslöser war und ist ein ganz anderer - nämlich Zeit- und Kostendruck. Organisationen sollen schneller, kostengünstiger und dadurch insgesamt effizienter werden. Woran dies zu erkennen ist? Ganz einfach an denen, die diese Veränderungen vorantreiben. Es sind keineswegs ethische Überzeugungstäter auf der Suche nach einer neuen, besseren Arbeitswelt, sondern es waren und sind dieselben, die - solange es erfolgversprechend und opportun war - auch mithilfe der alten Denkmodelle und Strukturen die Unternehmen auf eine möglichst hohe Leistungsausbeute hin getrimmt haben. Und die stets versucht sind, genauso rasch zu den alten Systemen zurückzukehren, wenn sie mit den neuen nicht schnell genug Erfolg haben. Das spricht nicht gegen den neuen unternehmerischen Ansatz an sich. Aber es macht verständlich, warum die Dinge so liefen, wie sie liefen. Auch herkömmliche, von klarer Hierarchie durchdrungene und gesteuerte Organisationen funktionieren besser, wenn bestimmte, an den Bedürfnissen der Mitarbeiter orientierte Prinzipien des Managements, der Führung und des Umgangs miteinander verbindlich eingeführt und konsequent beachtet werden. Aber so, wie in der alten Welt fast ausschließlich auf den Leistungsfaktor geachtet wurde, so wurde und wird nach wie vor die neue "enthierarchisierte Welt" nur auf einem Reißbrett entworfen, wo einzig und allein die Fragen der strategischen Positionierung, der Definition von Geschäftsprozessen und der strukturellen Gestaltung die entscheidenden Denkwerkzeuge sind. Selbstverständlich sind dies auch wichtige Fragen. Aber es fehlt die ebenso entscheidende andere Seite der Medaille: Woran orientieren sich Menschen in ihrem Verhalten - abgesehen von Strukturen? Wo, wie und unter welchen Voraussetzungen entsteht die entscheidende Energie, die Menschen dazu treibt, bestimmte Dinge tatsächlich zu wollen, sich dafür zu engagieren und mit vollem Einsatz zu kämpfen? Woher rührt die Bereitschaft und Motivation, sich selbst zu verändern? Und Menschen sind keine isolierten Einzelwesen. Sie leben und arbeiten in vielfachen Konstellationen und Gruppierungen gemeinsam mit anderen. Das kann nicht ohne Einfluss sein auf das, was der Einzelne tut und denkt. Deshalb müssen wir uns fragen: Wodurch ist das Zusammenspiel zwischen den Menschen, zwischen Gruppen und auf dem Hintergrund ihrer Institution als Ganzes bestimmt? Welche Zusammenhänge gilt es dabei zu berücksichtigen, die uns Aufklärung geben können, warum sich Menschen so und nicht anders verhalten?
Nicht zuletzt liegt das bisher beklagte, eher dürftige Ergebnis von Veränderungen auch daran: Es fehlt an geeigneten Instrumenten, für deren Anwendung man kein jahrelanges Universitätsstudium benötigt. Hilfen, die auch für Otto Normalverbraucher verständlich und attraktiv sind. Mit unserem Buch möchten wir einen Beitrag leisten, diese Lücke zu füllen.
In Teil I beschreiben wir die neuen Organisationsarchitekturen, in deren Kontext wir uns bewegen, erkunden, warum so viele Veränderungsansätze so wenig erfolgreich sind, welche entscheidende Rolle die Gruppendynamik dabei spielt, bei welchen konkreten Gelegenheiten sich diese Kräfte bemerkbar machen - und wie sich diese Kräfte auswirken.
In Teil II erläutern wir im Einzelnen die sozialpsychologischen Hintergründe und die nahezu gesetzmäßigen Zusammenhänge, sozusagen den Stoff, aus dem sich Gruppendynamik und das Innenleben von Gruppen zusammensetzen. Wir beschreiben die Konsequenzen daraus für die Führung von Mitarbeitern und die Steuerung von Teams.
In Teil III stellen wir eine Reihe von konkreten Konzepten und Methoden vor. Mit gruppendynamischen Kräften ist es ähnlich wie mit elektrischen Spannungsfeldern: In handhabbare Energie umgewandelt entstehen daraus Werkzeuge, die wir dringend benötigen, wenn der Wandel wirklich vonstatten gehen soll. Zum Beispiel Instrumente für die Team- und Bereichsentwicklung, für die Einarbeitung und den Abbau von Mitarbeitern, für Feedback, Networking, Selbstführung sowie die Selbststeuerung von Gruppen und Leistungseinheiten.
Als Praktiker des Change Managements in Unternehmen und als Experten für gruppendynamische Prozesse möchten wir aufzeigen, wie stark beide Themen miteinander in Beziehung stehen. Das eine passiert nicht ohne Auswirkungen auf das andere. Dies zu sehen und damit eine ordentliche Antwort zu haben auf die Grundfrage "Warum verlaufen Prozesse genau so, wie sie laufen, und nicht anders?" ist das eine. Uns geht es aber nicht nur um das bessere Verstehen. Wir verfolgen darüber hinaus das Anliegen, allen, die mit Veränderungen zu tun haben, ob als verantwortliche Manager oder als solche, die gewollt oder ungewollt von Veränderungen betroffen sind, aufzuzeigen, wie sie ihren Handlungs- und Gestaltungsspielraum erweitern können. Dazu bieten wir Werkzeuge, die es ermöglichen, sich sowohl in Krisensituationen kompetenter zu verhalten als auch durch innovative Ansätze Krisen zu vermeiden.
Insgesamt möchten wir einen Beitrag leisten, das gruppendynamische Geschehen zu entmythologisieren, es sowohl aus der therapeutischen als auch aus der esoterischen Ecke, aber auch aus der ausschließlichen Herrschaft von angeblichen Fachleuten herausholen - und für den Durchschnittsbürger greifbar und nutzbar zu machen.
InhaltVorwort zur 3. Auflage11Vorwort: Change Management mit den Menschen 13Teil IDas Umfeld, in dem wir uns bewegen -Gruppendynamik im Kontext unterschiedlicherOrganisationsarchitekturen1. Organisationsstrukturen: Nichts bleibt, wie es einmal war21Alle müssen besser werden 21Drei Kerngedanken der neuen Architektur einer Organisation22Der Prozess des Übergangs zur neuen Form24Ungeplante Nebeneffekte27Pflegebedürftige Gruppenstruktur 282. Change Management im Rahmen der neuen Organisationsarchitekturen und die Renaissance der Gruppendynamik30Die Geister, die ich rief 36Warum auch wechselnde Ungleichheitenstabilisierende Wirkung haben können37Organisationen sind Kinder ihrer Zeit40Eine Erbsünde der Organisation - und wie wir Buße tun 41Exkurs 1: Was nicht im Organigramm steht44Exkurs 2: Mikropolitik 463. Die modernen Konzepte im Großversuch und ihregruppendynamische Dimension48Die klassische Projektorganisation48Die organisatorische Matrix53Netzwerke564. Warum so viele Vorhaben scheitern64Beeindruckende theoretische Konzepte645. Merger and Acquisition:Von allein wächst nichts zusammen72Verräterische Symptome 73Empfehlungen 816. Familiendynamik im Unternehmen84Aus dem Leben gegriffen 84Die besonderen "familienbedingten" Herausforderungenim Allgemeinen 86 und im Besonderen86 und überhaupt88Gruppendynamische Spezialitäten89Erfolg versprechende Steuerungssysteme987. Antriebsenergie für Veränderung -Treibstoff Gruppendynamik107Weg von dem derzeitigen veränderungsbedürftigen Zustand108Hin zu einer gemeinsamen Vorstellungvon einer attraktiven Zukunft109Reife Früchte pflücken110Das Sowohl-als-auch: Balance zwischen Struktur und Verhalten,zwischen Sach-Logik und Emotionen111Top-down und bottom-up114Teil IIEin Blick hinter die Kulissen -Veränderung und der Faktor Gruppe1. Individuum, Flexibilität, Veränderung -und die Rolle der Gruppendynamik121Gruppendynamische Basiserfahrungen:Bedeutung von Bezugsgruppen und Bezugspersonen122Schritte im Veränderungsprozess - und die Rolle derGruppen(dynamik)123Unsicherheit als Ursache für Stress und Krankheit?130Und die Moral von der Geschicht' 1312. Die Funktion der Gruppe und ihr Innenleben134Wozu dient die Gruppe?135Anfangssituationen und die Psycho-Logik von Widerstand1363. Mythos Führung oder:Ein gruppendynamisches Führungskonzept163Das konventionelle Bild von Führung163Ableitungen164Ein gruppendynamisches Führungskonzept166Zeitgemäße Führung?179Verlockungen zur Inkonsequenz181Mittel und Wege1834. Die Neurosen der Chefs oder:Ein kurzer Ausflug in die Tiefenpsychologie 184Einflussfaktoren des Verhaltens185Musterbeispiele1875. Teams als Schlüssel zur Hochleistungsorganisation?209Welche Voraussetzungen braucht ein Team?216Aufgabenfelder integrierter Teams undKennzeichen von Entwicklungsstörungen2246. Die Sache mit den Gefühlen227Die Spitze des Eisbergs - und was darunter liegt228Die Flucht in die Versachlichung und ihr Preis231Das Zusammenspiel zwischen Sachebene und Beziehungsebene232Nicht psychologisieren um jeden Preis235Spezielle Formen der Notlüge2367. Die Kunst der sozialen Wahrnehmung oder:Der wundersame Herr X238Von der Sinnesreizung zur Wahrnehmung238Voraussetzungen und Einflussfaktoren bei der Wahrnehmung240Die Wahrnehmung von Mensch zu Mensch245Wahrnehmung als Konstruktion von Wirklichkeit247Wahrnehmung steuert Verhalten2488.