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Der Goldkäfer

Unheimliche Geschichten, Neue Klassiker der Weltliteratur 11

Erschienen am 02.02.2024
Auch erhältlich als:
10,00 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783737412360
Sprache: Deutsch
Umfang: 256 S.
Format (T/L/B): 2.6 x 20.5 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

Wie kein Zweiter hat Edgar Allan Poe die moderne Literatur geprägt; so gilt er als Wegbereiter des Detektiv-, Fantasy- und Science Fiction-Genres, der subtilen Horrorliteratur und als Urvater des Symbolismus sowie der American Gothic-Schule. Der poète maudit hat von Baudelaire über Arthur Conan Doyle bis hin zu Arno Schmidt unzählige Schriftsteller:innen beeinflusst und wird bis heute als Meister der poetischen Komposition und des genau kalkulierten Effekts verehrt. Diese Sammlung enthält: Der Goldkäfer, Eine Geschichte aus dem Felsengebirge, Der schwarze Kater, Das Fass Amontilladowein, Die Maske des roten Todes, Die Rache des Zwerges, Die Grube und das Pendel, Der alte Mann mit dem Geierauge, Die Mordtat in der Rue Morgue, Der gestohlene Brief, Bericht über den Fall Valdemar, Der Untergang des Hauses Usher, Metzengerstein, Ligeia, In der Tiefe des Maelstroms und William Wilson.

Autorenportrait

Edgar Allan Poe kam 1809 als Sohn von Schauspielern in Boston zur Welt. Bereits im Alter von 10 Jahren war er Vollwaise. Mit 17 begann er ein Studium, verschuldete sich jedoch und trat in den Militärdienst ein, von dem er nach vier Jahren entlassen wurde. 1838 heiratete er seine Cousine Virginia Clemm, die 1847 starb und ihn verzweifelt zurückließ. Poe lebte in bitterer Armut und starb 1849 in Baltimore unter ungeklärten Umständen. Wilhelm Cremer (1874-1932) war ein deutscher Schriftsteller und Übersetzer. Er übersetzte zahlreiche Klassiker aus dem Englischen und Französischen, u. a. Balzac, Flaubert, Guy de Maupassant, Oscar Wilde und Bernard Shaw.

Leseprobe

DER GOLDKÄFER Vor vielen Jahren befreundete ich mich mit einem gewissen William Legrand. Er stammte aus einer alten Hugenottenfamilie und war einst wohlhabend gewesen, bis er durch eine Folge von Unglücksfällen verarmte. Um nun den Demütigungen seiner üblen Lage zu entgehen, verließ er seine Vaterstadt New Orleans und schlug seinen Wohnsitz auf der Sullivansinsel nahe bei Charleston in Südkarolina auf. Es ist dies eine merkwürdige Insel. Sie besteht eigentlich nur aus Seesand und ist ungefähr drei Meilen lang und höchstens eine Viertelmeile breit. Vom Festland trennt sie ein kaum bemerkbarer Flussarm, der sich träge durch eine Wildnis von Schilf und Schlamm wälzt und den Lieblingsaufenthalt der Wasserhühner bildet. Natürlich ist die Vegetation ärmlich und niedrig, einigermaßen hohe Bäume gibt es überhaupt nicht. Am Westende beim Fort Moultrie, wo einige elende Holzhäuser stehen, die im Sommer Bewohnern von Charleston eine Zuflucht vor Staub und Fieber bieten, wächst die stachlige Zwergpalme. Sonst aber ist die ganze Insel, wenn man von einem schmalen weißen Küstenstreifen an der Seeseite absieht, dicht bedeckt mit den Sträuchern der wohlriechenden Myrte, die bei den englischen Gärtnern so beliebt ist. Sie erreichen hier manchmal eine Höhe von fünfzehn bis zwanzig Fuß und bilden ein fast undurchdringliches, von schwerem Duft erfülltes Dickicht. Im tiefsten Inneren dieses Dickichts, nahe beim östlichen und entlegensten Ende der Insel, hatte sich Legrand eine kleine Hütte gebaut, die er bewohnte, als ich, rein durch Zufall, seine Bekanntschaft machte. Bald entwickelte sich zwischen uns eine Freundschaft, denn es gab vieles bei diesem Einsiedler, was mein Interesse und meine Achtung erweckte. Er besaß eine gute Erziehung und ungewöhnliche geistige Fähigkeiten, war aber etwas menschenscheu und fiel oft in wunderliche Stimmungen, die zwischen höchster Begeisterung und tiefster Schwermut schwankten. Er besaß eine Menge Bücher, las aber selten darin. Seine Lieblingsbeschäftigung waren Jagd und Fischfang. Auch schlenderte er gerne an der Küste und in den Büschen herum und suchte merkwürdige Muscheln und Insekten. Besonders um seine Insektensammlung würde ihn sogar ein Swammerdam beneidet haben. Gewöhnlich begleitete ihn bei diesen Ausflügen ein alter Neger namens Jupiter, dem die Familie schon vor dem Zusammenbruch die Freiheit geschenkt hatte. Aber weder durch Drohungen noch Versprechungen konnte man ihn von dem abbringen, was er als sein gutes Recht betrachtete, nämlich seinem jungen Massa Will" auf Schritt und Tritt zu folgen und ihm zu dienen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Verwandten Legrands, die diesen für geistig nicht ganz normal hielten, Jupiter absichtlich die Idee eingeflößt hatten, um so dem Sonderling eine Aufsicht und einen Schutz zu geben.

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