Beschreibung
Man weiß nicht, wann sie es tut, und man weiß nicht, wo es sein wird, aber eines ist gewiss - irgendwann schlägt die Liebe zu: 'Was da jetzt geschehen ist, das ist eine Fuge im Leben oder ein Riß durch die Zeit oder ein Bruch in der Welt, was auch immer.' Hier geschieht es zweien, die schon seit geraumer Zeit allein durchs Leben zu gehen gewohnt sind, und es trifft sie wie aus heiterem Himmel: er hat die wunderbarsten Augen der Welt, und sie ist so schön, dass er glaubt, er habe Halluzinationen. Der Zustand hält natürlich nur wenige Tage an. 'Was für ein Blödsinn das alles, dieses Gemache und Getue. Daß man nicht einfach normal sein konnte! Daß das alles immer so kompliziert sein muß.' Es muss, und seis nur zum Nutzen der Literatur und zur Erhöhung des Lesevergnügens. "Treffen sich zwei" ist ein Liebesroman für Erwachsene und ein Heimatroman aus Berlin-Kreuzberg. Er handelt vom Begehren und von den Ängsten, vom Berufsleben eines Systemberaters und den Zuständen einer begnadeten Hysterikerin. Sexratgeber kommen zum Einsatz, Musik, Songtexte und klassische Stellen über die Liebe, dazu Alkohol und Eigenurin-Therapien. Iris Hanika ist eine liebevolle und unbestechlich genaue Beobachterin des Gefühlshaushalts von uns Zeitgenossen; und ihr Witz, ihre Genauigkeit und sprachliche Eleganz demonstrieren mit leichter Hand, warum dieses älteste Thema der Literatur uns allen so am Herzen liegt.
Autorenportrait
Iris Hanika, geboren 1962 in Würzburg, lebt seit 1979 in Berlin. Veröffentlichungen: Katharina oder Die Existenzverpflichtung (Erzählung, 1992), Das Loch im Brot (Chronik, 2003), Musik für Flughäfen (Kurze Texte, 2005), Die Wette auf das Unbewußte oder Was Sie schon immer über Psychoanalyse wissen wollten (mit Edith Seifert, 2006), sowie Berlin im Licht. 24 Stunden Webcam (hg. mit Stefanie Flamm). 2006 erhielt Iris Hanika 2006 den Hans Fallada Preis. »Iris Hanika ist sowohl eine politische und realistische Erzählerin, gleichzeitig aber auch eine Kunstschriftstellerin, wobei die Kunstschriftstellerin so geschickt getarnt ist, daß man sie beim schnellen Lesen der Texte sogar übersehen kann. Daß uns die Autorin diese Möglichkeit einräumt, gehört zu ihrer Bescheidenheit. Sie muß uns Leser nicht sogleich mit der Nase darauf stoßen, daß wir es hier mit Kunst und vor allem mit Kunst zu tun haben.« (Wilhelm Genazino)
Leseprobe
Als nächstes hob sich seine Hand und kam langsam zu ihr herüber. Sie sah sie kommen, begriff aber nicht, was das bedeutete, bis seine Hand an ihrem Kopf lag und ihn von hinten hielt; erst ganz ruhig. Dann spürte sie, wie seine Finger sich einmal aus-einanderspreizten und wieder zueinanderfuhren. Das war wie ein Streicheln. Sie tat gar nichts. Sie ließ das geschehen und schaute dabei immer weiter in seine Augen. Als seine Hand nicht mehr an ihrem Kopf, sondern wieder auf dem Tisch lag, fehlte sie ihr sofort so sehr, daß es fast wehtat. Sofort wünschte sie sich nichts anderes, als daß seine Hand an ihrem Kopf läge oder sonstwo. Sonstwo hätte sie besser gefunden, denn mittlerweile richtete all ihr Sehnen sich darauf, daß ihre beiden Körper sich irgendwo, an irgendeiner Stelle, und sei es auch die unspektakulärste, berührten. Andererseits hätte sie keine Stelle an ihrem Körper mehr gewußt, die in Bezug auf die Berührung durch egal welchen Teil seines Körpers unspektakulär gewesen wäre. Vielmehr war jetzt jede Stelle so spektakulär wie dieser Blick, in dem sie schon ertrunken war und in dem sie ineinander verklettet blieben, bis diesmal er ihn nicht mehr aushielt, sondern ihn senkte, um in sein Bierglas hineinzuschauen. Das entsetzte Senta unaussprechlich. Ihr war, als hätte er sie schon wieder verlassen, dabei hatte sie ihn doch gerade erst gefunden!