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Tiere in Architektur

Texte und Fotos, Reihe Prosa 13

Erschienen am 15.10.2013, 1. Auflage 2013
19,90 €
(inkl. MwSt.)

Lieferzeit unbestimmt

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783937445588
Sprache: Deutsch
Umfang: 128 S., 64 Fotoseiten, Fotos von Sabine Scho und M
Format (T/L/B): 0.8 x 21 x 13 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Gated. Man kann es nicht weit genug denken, was das eigentlich heißt. "Zoologische Gärten sind Schnittstellen, die von dem Leben der eigenen mit der je anderen Art zeugen. Ihre Gestaltung spiegelt das Selbstverständnis einer Gesellschaft, die ihren Platz in der Evolution immer neu definiert. Beim Besuch eines Zoos verlangt es uns heute längst nicht mehr nach einem Abbild symbolischer Ordnung, wie sie noch die Menagerie Ludwigs XIV. verkörperte. Dessen Baumeister Louis Le Vau ordnete die Gehege in sogenannten Logen an. Der absolutistischen Herrschaftsidee entsprechend, richtete er diese konzentrisch zum Betrachterstandpunkt des Sonnenkönigs aus. Gerechte Hege erbaut uns heute mehr als gebaute Hegemonie. Nicht positivistischer Bildungshunger treibt uns, eher schon suchen wir in den Landschaftskulissen nach Reservaten der Sehnsucht. So hat sich das Projekt Zoo gleichsam invertiert: Künstlich bauen wir en détail wieder auf, was wir en gros zerstören. Große Freigelände ersetzen einzelne Gehegebauten und versammeln Lebensgemeinschaften unterschiedlichster Klimazonen. Der Zoo bleibt ein gerissenes Gelände, gleichermaßen zerrissen wie raffiniert reißerisch. Kulisse einer Menschensehnsucht, eingebettet in eine Urbanität, die er vergessen machen soll, obgleich sie ihn erst ermöglicht. Letztlich konkurriert er schon heute mit den Freigeländerevieren an den Rändern der Ballungsgebiete, die wiederum längst mit den angestammten Lebensräumen der letzten noch wild lebenden Tiere konkurrieren." Sabine Scho

Leseprobe

"Das neue Projekt ,Tiere in Architektur', dem Sabine Scho eine eigene Website widmet, rückt unseren Umgang ,der eigenen mit der je anderen Art' in den Mittelpunkt. ,Künstlich', schreibt sie, ,bauen wir en détail wieder auf, was wir en gros zerstören', wenn sie über zoologische Gärten nachdenkt, deren Bedeutung sich von der Repräsentation symbolischer Ordnung zu der von Sehnsuchtsorten und eingehegten Paradiesgärten verschoben hat, deren ,Unterhaltungsarchitektur' die Theatralik und Verfügbarkeit der Tiere und ihrer Sichtbarkeit in den künstlichen Landschaften auf die Spitze treibt. In der Abbildung und Einhegung, in der Züchtung und Zurichtung, in der Berührung und Tötung, im Jagen und in der Liebe zu den Tieren geben wir uns selbst und unser Verhältnis zu dem kreatürlich Anderen, das uns ähnlich ist und sich doch fundamental von uns unterscheidet, in historisch sich wandelnden Prägungen zu erkennen. Tiere sind vertraute und doch rätselhafte Wesen, Ausdruck einer überbordenden Experimentierlust der Natur, die mitunter groteske Züge annimmt, und haben in ihrer in hohem Maße instinktgesteuerten und oft beschränkten Verhaltenspalette in einer immer durchstrukturierten Welt, in die sie oft nur noch als Erinnerung passen, manchmal etwas Komisches. Sabine Scho erinnert daran, dass Menagerien von Anfang an etwas praktiziert haben, das man heute Globalisierung nennt, und immer schon alles an Fauna versammelt haben, dessen man durch Reisen und Gastgeschenke aus aller Welt habhaft werden konnte. Zugleich entwickelt sich heute eine standardisierte Architektur zoologischer Gärten und Aquarien, die man als ,International Style' bezeichnen könnte. Das Tier ist zugleich Zentrum und Akzidens dieser Architektur und wird gelegentlich zur komischen Figur: ,Hat man die Kasse passiert, wird Architektur kaschiert und Natur simuliert. Schaut auch die Giraffe im Zoo von Santa Barbara von ihrem Gehege auf den Freeway. Fast möchte man glauben, der angeborene Knick in ihrem Hals rührt nur daher, dass sie an ihrem künstlichen Felsen vorbei nichts lieber tut, als den Fließräumen einer globalen Gesellschaft hinterherzuschauen, die eher sich als ihr natürliche Freiräume vorgaukeln muss. Oder lauscht sie versteckten Lautsprechern?' (.) Schos Gedichte sind darin auch von Anfang an politisch, dass sie Macht- und Herrschaftsdiskurse im Ensemble der Sprache, der instrumentellen, vorgestanzten Rede und damit der vorgestanzten Weltanschauungen, zitieren und zerlegen, geradezu schreddern und ironisieren, verlachen, zugleich ins Fragment zurückholen. Wenn das Erzählen, jedenfalls ein gewisser Strang des Erzählens, Übersicht zu schaffen verspricht, Kontrolle und planvolle Exekution einer Idee, wenn es Herrschaft und Geschlossenheit vermittelt, dann ist das Gedicht - das nun doch auch geformt und dessen Material geordnet ist - ein Ort für den ,Vorrang des Objekts', wie Theodor Adorno es in seiner ,Ästhetischen Theorie' nannte, das sich Einstellende, Überraschende der Objektwelt und der Zeichen, der Formeln und Redeweisen, der Stimmen und Eindrücke, der wimmelnden Bedeutungshaftigkeit der Welt, die noch nicht zur Weltanschauung, Meinung und Phrase geronnen ist. Das Gedicht kann als antihierarchischer Ort der Suspension von Herrschaft zugleich Bezüge deutlich machen, die das Geschichtliche und Überkommene unserer Zeichenwelt und ihrer Formeln für einen Moment kenntlich machen können, vielleicht so, wie die Dinge sich ja in gewisser Weise auch selbst immer zeigen, ohne dass wir sie recht zu sehen vermögen. Und an dem eingesperrten Tier wird abrupt deutlich, wie eingehegt wir selbst und unsere Weltwahrnehmung sind - ,gated', wie Sabine Scho es in einem jüngst verfassten Eintrag nennt." Martin Hielscher (aus der Laudatio zur Verleihung des Anke-Bennholdt-Thomsen-Preises an Sabine Scho, in: Sprache im technischem Zeitalter Nr. 204)

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