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Almosen fürs Vergessen - Zur Leichenschau

Roman, Almosen fürs Vergessen 9

Erschienen am 22.04.2024
22,00 €
(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783961600182
Sprache: Deutsch
Umfang: 288 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 21 x 13 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

London 1972: Die Spitzen der Konservativen Partei sind im Aufruhr, nachdem sich ein hochrangiger Politiker aus dem Wirtschaftsministerium unerwartet das Leben genommen hat. Einen Skandal gilt es unbedingt zu vermeiden, und so machen sich hinter den Kulissen ein ehemaliger Weggefährte sowie ein vom Inlandsgeheimdienst entsandter Spezialist daran, der Sache auf den Grund zu gehen. Welche Mission hat der ehrgeizige Staatssekretär und intrigante Strippenzieher zuletzt verfolgt? Und wo den Tag vor seinem Tod verbracht? Lässt sich der Schlüssel für das Geheimnis gar in seiner Internatszeit finden, in der er, bis zuletzt unverheiratet, seine wenigen Freundschaften schloss? Im neunten Band seines Gesellschaftspanoramas Almosen fürs Vergessen wirft Simon Raven einen weiteren gnadenlosen Blick auf das britische Establishment und den illustren Kreis ehemaliger Schüler eines Eliteinternats. Und wie häufig bei Simon Raven sind es im Getümmel menschlicher Bestrebungen und Begierden die Schicksalsgöttinnen, die zuletzt - und am bösesten - lachen.

Autorenportrait

Simon Raven (1927-2001) besuchte als Spross einer Strumpffabrikantenfamilie die elitäre Charterhouse School, von der er 1945 wegen homosexueller Handlungen relegiert wurde. Unter seinen Mitschülern waren u. a. James Prior (später Minister im Kabinett von Margaret Thatcher) sowie der spätere Herausgeber der Times, William Rees-Mogg (dessen Sohn Jacob heute dem Kabinett von Boris Johnson angehört). Beide hat er in der Romanreihe Almosen fürs Vergessen literarisch verewigt. Nach seinem Militärdienst, den Raven als Offiziersanwärter in Indien ableistete, studierte er ab 1948 am Kings College in Cambridge Altphilologie. Er wurde Vater eines Sohnes und heiratete widerwillig. In finanzielle Schwierigkeiten geraten, trat er erneut in die Armee ein, wurde in Deutschland und in Kenia stationiert, quittierte den Dienst aber schließlich, um eine unehrenhafte Entlassung wegen Wettschulden abzuwenden. Fortan widmete er sich der Schriftstellerei und arbeitete als Literaturkritiker, bis ihn der Verleger Anthony Blond 1958 unter der Bedingung, mindestens 50 Meilen von Londons Vergnügungsstätten entfernt zu wohnen, unter Vertrag nahm ein Arrangement, das drei Jahrzehnte währen sollte. Ein ausschweifender Lebenswandel, kühne Meinungen, seine offen ausgelebte Bisexualität und die Tatsache, dass er das Material für seine Bücher aus dem unmittelbaren Freundeskreis gewann und mit freizügigen Sexszenen und scharfzüngigen Urteilen über die Gesellschaft kombinierte, verschafften ihm einen Ruf als Schandmaul unter den englischen Nachkriegsautoren. Zeitgenossen schmähten ihn als Verfasser des wohl schmutzigsten Cricketbuchs aller Zeiten, und sein Roman Fielding Gray verdiene eigentlich den Namen Brideshead Revilified. Zur gleichen Zeit wurde er von namhaften Kollegen wie etwa Anthony Powell nicht nur als Literaturkritiker, sondern auch als Literat geschätzt. Sein 10-bändiger Romanzyklus Alms for Oblivion (1964-1976) wird heute mit dem Werk von Lawrence Durrell, Graham Greene, Anthony Powell und Evelyn Waugh verglichen und Raven als einer der brillantesten Romanciers seiner Generation bewertet (Patrick Newley). Einem größeren Publikum bekannt geworden war Raven allerdings zunächst durch Arbeiten fürs Fernsehen, wie die Verfilmung von Trollopes The Pallisers (1974) und die Serie Edward and Mrs. Simpson (1978), sowie die Mitarbeit am Drehbuch für den James-Bond-Film Im Geheimdienst Ihrer Majestät (1969). Dem Vorwurf, ein Snob zu sein, begegnete er mit dem Hinweis, er schreibe für Leute, die sind wie ich: gebildet, weltgewandt und skeptisch.

Leseprobe

Im Badezimmer von Somerset Lloyd-James' Junggesellenwohnung im Albany kühlte das Badewasser langsam ab, erst war es heiß, dann warm, dann lauwarm und dann kühl. Als schließlich der erste Strahl der frühen Morgensonne durchs Fenster fiel, war das Wasser endgültig kalt; kalt und hellrot lag es im geschäftigen Sonnenlicht da, still und leicht grindig reichte es, wie eine Decke, bis unter Somerset Lloyd-James' Kinn. Später klatschten, nur wenige Meter entfernt, ein paar Briefe durch den Türschlitz auf den Flurboden, und noch eine Weile später klingelte im Wohnzimmer das Telefon, verstummte, klingelte erneut (dreizehn Mal), und hörte wieder auf. Aber Somerset Lloyd-James, der so oft erwartungsvoll den Hörer abgenommen, verärgert oder genüsslich hineingehorcht und Anweisungen gegeben oder Verbote erteilt hatte - Somerset Lloyd-James im Wasser rührte sich nicht, die Kälte und der Schmutz kümmerten ihn nicht; denn kein Telefonklingeln konnte ihn jetzt dazu bringen, herbeizueilen, und kein hell erstrahlender Morgen seine steifen Schenkel in Bewegung setzen.

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