Beschreibung
Ein Familiengeheimnis voller Zerstörungskraft Im Leben von Holly Berger, 38, scheint einfach alles zu stimmen. Sie ist mit ihrer Jugendliebe, dem sympathischen Kunsttischler Chris, verheiratet, hat zwei Kinder und schreibt erfolgreiche Ratgeber-Bücher.Doch dann macht sie in ihrem Elternhaus eine Entdeckung, die sie völlig aus der Bahn wirft. Zufällig findet sie Unterlagen, die beweisen, dass sie als Neugeborenes von ihrer leiblichen Mutter ausgesetzt und wenig später von ihren jetzigen Eltern adoptiert wurde. Fassungslos und geschockt, versucht Holly zunächst so zu tun, als wäre nichts geschehen. Als sie aber erfährt, dass sogar ihr Mann von dem Geheimnis wusste, wird ihr klar, dass sie so nicht weiterleben kann. In detektivischer Recherchearbeit macht sie sich auf die Suche nach ihren Wurzeln - eine Reise, die sie nicht nur bis nach Ägypten führt, sondern tief in die geheimnisvolle und erschütternde Geschichte ihrer Familie.
Autorenportrait
Amelie Fried, Jahrgang 1958, wurde als TV-Moderatorin bekannt. Alle ihre Romane waren Bestseller. Traumfrau mit Nebenwirkungen, Am Anfang war der Seitensprung, Der Mann von nebenan, Liebes Leid und Lust und Rosannas Tochter wurden erfolgreiche Fernsehfilme. Für ihre Kinderbücher erhielt sie verschiedene Auszeichnungen, darunter den »Deutschen Jugendliteraturpreis«. Zusammen mit ihrem Mann Peter Probst schrieb sie den Sachbuch-Bestseller Verliebt, verlobt - verrückt?. Bei Heyne erschien zuletzt der Roman Paradies. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in München.
Leseprobe
Holly blickte starr in das rote Licht über ihr. Eine warme Hand legte sich auf ihre kalten Hände, die sie auf dem Bauch gefaltet hatte wie zum Gebet. Lieber Gott, dachte sie, mach, dass alles gut geht. Dass die Schwester meine Unterlagen nicht vertauscht hat. Dass der Computer keine Panne hat. Dass der Doc gestern Nacht nicht zu wenig geschlafen oder zu viel gebechert hat. Sie überlegte kurz, ob sie vom Tisch springen und weglaufen sollte, dann fielen ihr die ganzen Untersuchungen der letzten Wochen ein. Wäre alles umsonst gewesen, und sie würde es trotzdem bezahlen müssen. Warum, zum Teufel, hatte sie sich überhaupt darauf eingelassen? War es wirklich so schlimm, kurzsichtig zu sein? Wenn sie die Brille abnahm, verschwamm die Welt zu farbigen Flecken. Ist doch eigentlich ganz schön, dachte sie plötzlich. Schöner als vieles, was sie sah, wenn sie die Brille wieder aufsetzte. Als Kind war sie gehänselt worden, klar. Blindschleiche, Brillenschlange, Streberin. Als junges Mädchen war sie mehr oder weniger blind durchs Leben getappt, weil sie lieber vom Auto überfahren worden wäre, als hässlich auszusehen. Obwohl sie mit ihren ausdrucksvollen, braunen Augen, dem schimmernden Teint und ihrem dunklen Haar als ausgesprochen hübsch galt, war sie überzeugt, dass eine Brille alles kaputt gemacht hätte. Dann war sie immer wieder neben Typen aufgewacht, die leider nur aus der Ferne attraktiv gewesen waren. Eine Zeit lang hatte sie Kontaktlinsen getragen. Nachdem sie die dritte versehentlich im Waschbecken weggespült hatte, weigerten sich ihre Eltern, neue zu bezahlen. Als Holly endlich selbst Geld verdiente, bekam sie eine Allergie gegen Kontaktlinsen. Jetzt hatte sie genug. Sie wollte endlich wieder klar sehen. 'So, nun wird's ein bisschen unangenehm', hörte sie die Stimme des Arztes, 'ist aber gleich vorbei.' Bleib cool, befahl sie sich. Du hast zwei Geburten überlebt, da wirst du doch wohl eine lächerliche Laser-OP überstehen. Etwas senkte sich auf ihr Gesicht und drückte auf ihren rechten Augapfel. Sie spürte einen weiteren Schwall der Betäubungstropfen, einen leichten, kaum wahrnehmbaren Schmerz, dann fuhr die Apparatur mit einem Zischen wieder hoch. 'Vorbei?', fragte sie mit kleiner Stimme. 'Noch nicht ganz', erwiderte der Arzt. Die Maschine begann zu rattern, Funken sprühten vor ihrem Auge, ein leichter Geruch von verbrannter Hornhaut verbreitete sich im Raum. Sie sah eine Art riesigen Scheibenwischer, der über ihre Augenoberfläche fuhr, als wäre sie die Windschutzscheibe eines Lkw, dann hörte sie seine Stimme. 'So. Und weil's so schön war, das Ganze jetzt auf der anderen Seite.' 'Okay', piepste sie. 'Sie sind ja eine ganz Gelassene', sagte der Doc anerkennend und tätschelte ihre Schulter. 'Das täuscht', gab Holly zurück. 'Ich mache mir gleich in die Hose.' 'Schwester, eine Windel, bitte!', befahl er. Holly musste trotz ihrer Angst grinsen. Als alles vorbei war, stand sie mit zittrigen Knien vom OP-Tisch auf und wurde in den Vorraum geführt. Noch einmal erhielt sie Tropfen, dann klebte die Schwester zwei Plastikschalen über ihre Augen. 'So, jetzt sehen Sie aus wie ein Waschbär. Die Augen schön zulassen bis morgen früh!' Sie drückte Holly einen Plastikbeutel in die Hand. 'Schmerztabletten, antibiotische Tropfen, Notfall-Telefonnummer. Wenn Sie Probleme haben, bitte melden.' 'Danke', sagte Holly. Die Schwester brachte sie zur Garderobe, zog ihr den sterilen Kittel aus, streifte ihr die Plastikhüllen von den Füßen. Half ihr in Schuhe und Mantel, brachte sie zur Rezeption. 'Hallo', sagte Chris. 'Alles gut gegangen?' 'Glaub schon. Genau wissen wir's morgen.' Sie hakte sich bei ihm ein. 'Du bist jetzt mein Blindenhund.' 'Wau', sagte Chris. Holly hielt die Augen fest geschlossen. Wenn sie es durchhielte, nicht durch die Plastikschalen zu blinzeln, würde alles gut werden, andernfalls würde vielleicht etwas Schlimmes passieren. Aber schon am Aufzug erschrak sie über das Geräusch der sich unerwartet öffnenden Tür u Leseprobe