Beschreibung
Die Beiträge des Bandes beleuchten verschiedene Szenarien und Praktiken von Landnahme und deren literarische Inszenierung in einem historischen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Die Bandbreite reicht von europäischen Gründungsmythen wie dem des Riesen Teuton über Christoph Kolumbus Entdeckung der Neuen Welt und deren literarischer Verarbeitung bis hin zu postmodernen Re-Lektüren der deutschen Kolonialgeschichte. In der Zusammenschau wird deutlich, dass Landnahmen nur vordergründig Territorialisierungsprozesse sind, die mithilfe ritualisierter Praktiken des räumlichen Ordnens Herrschaft über Land stabilisieren. Die Mechanismen sind in Wirklichkeit viel komplexer, besonders wenn man eine metaphorische Qualität des Begriffes und eine symbolische Dimension der Praktiken annimmt. Diese vollziehen Landnahme nicht nur faktisch (etwa durch das Einrammen von Grenzpflöcken), sondern initiieren begleitende Prozesse der Imagination und stoßen das Durchexerzieren von Landnahmeszenarien im Diskurs an. Erst so entsteht ein stimulierendes, rechtfertigendes und programmatisches Narrativ der Landnahme. Eine literaturwissenschaftliche Analyse der Praktiken und Verwendungsweisen des Landnahme-Begriffs liegt damit auf der Hand, blieb in der bisherigen postkolonialen Auseinandersetzung allerdings bisher aus. Der Band schließt daher eine gravierende Forschungslücke im Bereich der postkolonialen Literaturwissenschaft.