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Verwandlungspolitik

NS-Eliten in der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft

Erschienen am 19.06.2024
Auch erhältlich als:
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(inkl. MwSt.)

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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593359946
Sprache: Deutsch
Umfang: 366 S.
Format (T/L/B): 2.5 x 21.3 x 14.1 cm
Einband: kartoniertes Buch

Beschreibung

Der Germanist Hans Schwerte, von 1970 bis 1973 Rektor der RWTH Aachen, war bis Kriegsende als SS-Offizier Dr. Hans Schneider einer der wichtigsten Männer in Himmlers Forschungs- und Lehrgemeinschaft 'Das Ahnenerbe'. Bei Kriegsende änderte er seinen Namen. Er wurde eines der vielen 'U-Boote' - wie man die Namenswechsler in den 50er Jahren nannte, deren Anzahl auf 80 000 bis 100 000 geschätzt wurde. Der Fall ist Anlaß, genauer zu untersuchen, welchen Weg Angehörige der nationalsozialistischen Eliten nach 1945 gegangen sind, und das Terrain der Nachkriegsgesellschaft zu vermessen. Unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1998

Autorenportrait

Wilfried Loth ist emeritierter Professor für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Duisburg-Essen.

Leseprobe

In die zweite Nachkriegszeit wirkten die traditionelle Etatismus und der ausgeprägte Korpsgeist der höheren Beamtenschaft weit hinein. Während der Entnazifizierung verbanden sich diese Attitüden mit der "nachnationalsozialistischen Solidargemeinschaft" der meisten Deutschen. Auch und gerade für die diskreditierten Verwaltungseliten in den Westzonen erwies sich die Schanierzeit der politischen Säuberung von 1945/46 bis 1948/49 in doppelter Hinsicht als "Verwandlungszone". Deren Durchschreiten brachte ihnen zwar mancherlei Verunsicherungen, einen radikalen Identitätswechsel indessen brauchte kaum jemand zu vollziehen. Denn die oft beschriebenen und vielkritisierten Prozeduren der Entnazifizierung wirkten als "Mitläuferfabrik" und als "Schule der Anpassung" zugleich: im Blick zurück wurden die individuellen und gruppenspezifischen Verstrickungen in die Unrechtspolitik des NS-"Maßnahmenstaates" (Ernst Fraenkel) gründlich relativiert und bagatellisiert; im Blick nach vorn wurden frühzeitig die grundlegenden Normen und Verhaltensgebote jener westlichen Werte- und Verteidigungsgemeinschaft eingeübt, in die sich die junge Bundesrepublik überraschend zügig und erfolgreich zu integrieren wußte. Zusammengeschweißt wurde das Kartell der Exkulpatoren in Verwaltung und Politik zum einen durch den rasch eskalierenden Ost-West Konflikt, zum anderen durch jenen übergreifenden Wiederaufbaukonsens, in dessen Mittelpunkt nicht die quasi- judizelle "Bewältigung" der NS-Vergangenheit, sondern die Überwindung der wirtschaftlichen und sozialen Alltagsprobleme stand. So folgte denn der Zusammenbruchskrise 1945 bis 1947/48 ein Jahrzehnt der personellen Rekonstruktion überkommender bürokratischer Strukturen. die halbherzigen Versuche der amerikanischen und britischen Besatzungsautoritäten, den Öffentlichen Dienst im allgemeinen und das Berufsbeamtentum im besonderen institutionell von Grund auf zu reformieren, scheiterten am hinhaltenden Widerstand der Beamtenverbände und der Mitte-Rechts-Parteien, aber auch von Teilen der SPD und der Gewerkschaften. Gleichzeitig kehrte in Westdeutschland das frühere Personal wieder in die Verwaltungen zurück. Dieser personelle Restaurationsprozeß vollzog sich in drei Schüben. Bereits 1947/48 gelang es dem -bestens organisierten-Korps ehemaliger Beamter der Reichs- und Preußischen Ministerien eine Anzahl von Kollegen in der deutschen Bizonenadministration unterzubringen. Vielfach wurden die benötigten Fachleute direkt aus amerikanischen und britischen Internierungslagern rekrutiert. 1949/50 bot der Ausbau der Bundesverwaltung den damit betrauten Exponenten der Reichsministerialbürokratie erst recht Gelegenheit, frühere Kollegen in großer Zahl zurückzuholen. Dies geschah nicht etwa klammheimlich, sondern mit ausdrücklicher Billigung Konrad Adenauers, der sich davon -zu recht- personalpolitische Geländegewinne der Unionsparteien versprach. Auch innerhalb der Verwaltungen funktionierten die persönlichen Netzwerke der Ehemaligen nun schon fast wieder wie ehedem. Das wurde offenbar, als das -von ihnen maßgeblich mitformulierte- Ausführungsgesetz zum Artikel 131 des Grundgesetzes Mitte 1951 die Tore des Öffentlichen Dienstes für den Rückstrom seit dem Kriegsende "verdrängter" Beamter weit aufstieß. Beim forcierten Ausbau der Bundesverwaltung kamen 1951 bis 1953 vorzugsweise frühere Angehörige der Reichsbehörden mit NS-Vergangenheit zum Zuge. Gelegentlich wurde diese Praxis in der Öffentlichkeit und im Parlament kritisiert - vor allem mit Blick auf den Auswärtigen Dienst. Doch war der Rückstrom Alter Kameraden, dessen Ausläufer bis in die frühen sechziger Jahre hineinreichten, damit nicht einzudämmen. aus: Michael Ruck: Kontinuität und Wandel - Westdeutsche Verwaltungseliten unter dem NS-Regime und in der Bundesrepublik

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