Beschreibung
Thomas Blume hat sein Abitur mit 1,0 bestanden, die Welt steht ihm offen - doch er kann sich nicht so recht entscheiden. Aus einer Laune heraus entschließt er sich erst mal für eine Seereise auf einem alten Klipper und heuert bei der Reederei Salt & John an. Was jedoch als vierwöchiger Abenteuerurlaub geplant war, entpuppt sich als lebenslange Odyssee. Aus Blume wird Bloom wird Blomberg, und es beginnt eine unglaubliche, aberwitzige, grausame Reise über sämtliche Weltmeere, nach Jamaika und zurück nach Nirgendwo. Ist das alles ein Live-Rollenspiel, reine Imagination oder die Wirklichkeit? Der flexible Mensch auf Irrfahrt durch eine verstörend reale Weltkulisse.
Autorenportrait
Rainald Grebe, geb. 1971 in Köln, studierte 1993 - 1997 Puppenspiel an der Hochschule für Schauspielkunst 'Ernst Busch' Berlin, 1999 - 2004 Schauspieler, Regisseur und Dramaturg am Theaterhaus Jena, seitdem arbeitet er als Autor, Komiker, Liedersänger und Dramaturg. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Prix Pantheon 2003, den Deutschen Kleinkunstpreis 2006 und 2011 sowie den Deutschen Kabarett-Preis 2012. Iim Fischer Taschenbuch Verlag erschienen der Roman >Global Fish< (2006) und das Gesangbuch >Das grüne Herz Deutschlands< (2007). Mehr unter: www.rainaldgrebe.deLiteraturpreise:Preise für sein Werk als Kabarettist / Comedian / Liedersänger:Deutscher Kabarett-Preis 2012Deutscher Kleinkunstpreis 2006 und 2011Preis für junge Songpoeten der Hanns Seidel Stiftung 2005Cabinet Preis 2005Der Wesemann-Preis für Ereignisproduzenten 2004Kleinkunstfestival Die Wühlmäuse 2004 Prix Pantheon 2003
Leseprobe
ERSTE WELLE (Auszug) Das Meer war von einem nichtendenwollenden Blaublau. Meterhohe Wellen trugen einen einsamen Surfer durch die Brandung, waghalsig ritt er auf Wogen, die ihn jeden Moment zu verschlingen drohten. Unweit von ihm ragte etwas Graues aus dem Wasser. Man wusste nicht, waren es Schaumspritzer oder der Schuppenschwanz einer Nixe, die dem Betrachter zuwinkte. Die Gischt spritzte an einen malerischen menschenleeren Sandstrand, von Kokospalmen gesäumt. Und die Pazifiksonne, sie strahlte hell am wolkenlosen Himmel. Das Paradies. Ich erwachte auf meiner Schreibtischunterlage. Diesen Büroartikel mit dem Motiv 'Strand von Waikiki' hatte mir eine geschmacklose Nenntante zu Weihnachten geschenkt. Abwaschbares Plastik. Jetzt hat meine Backe Schweißabdrücke auf dem Sandstrand hinterlassen. Schon wieder war ich eingepennt, mein Schädel noch immer im Jetlag. Wie viele Zeitzonen diesmal? Eben war ich noch in Australien und hab mir die Oper in Sydney angesehn, die Aborigines gefragt, ob es lohne, länger bei ihnen zu bleiben, worauf die nur mit den Achseln gezuckt und gemeint haben, das müsse allein ich entscheiden. Bin dann über Thailand, das mir seinen unberührten Dschungel anbot, und die händeringend einladende Mongolei durch elf europäische Metropolen, die mir alle versicherten, Europa sei nichts ohne sein Erbe, kurz in Island weggenickt. Ein Isländer tippte mir auf die Schulter, hielt mir seine Ponyzucht vor die Nase, meinte, in solch urwüchsiger Umgebung reiten lernen, das könne man nirgends, seine Pferde seien reinrassig, mit sehr guter Töltveranlagung, natürlich auch Scheritt, Terab, Pass und Galopp, wollen Sie bitte gleich an die Longe, ich sagte: Moment, ich brauche Bedenkzeit. Entscheidungskrank driftete ich auf einer Eisscholle nach Waikiki, wo ich schweißnass erwachte. So ging das nun seit Monaten, und es war kein Ende abzusehen. Juli war schon, bald kam der August. Und um den ging es doch. Seit einem halben Jahr plante ich diesen August, akribisch, wie ich alles plante, die große Reise nach dem Abitur, die wichtigste und längste Reise im Leben eines jungen Menschen. Vor allen anderen hatte ich begonnen mit der Planung, vorbereitet hatte ich mich wie auf eine wichtige Prüfung, für diesen August wollte ich fünfzehn Punkte. Jetzt war ich der letzte. Alle anderen hatten schon was. Machten Jobs, Praktika oder waren weg mit Rollkoffern, Rucksäcken oder ihrem ersten Golf. Ich saß in meinem Kinderzimmer vor verschwitztem Waikiki, auf dem Schreibtisch stapelten sich die Prospekte, und ich wusste nicht wohin. Woher dieses Loch? Der August wuchs sich aus zu einer Lebensbedrohlichkeit, lähmend lang wie ein Menschenleben. In meiner Verzweiflung schaute ich immer wieder über mein Bett. Dort hatte ich mein Abizeugnis eingerahmt. Ich war der Beste meiner Stufe. Mit Abstand. Und nun, wo die Schule vorbei war, versagte ich bei der Planung einer Sommerfrische. Ich begriff es nicht. 19 Jahre lang ohne Kopfschmerzen, im weißen Reihenhaus meiner Eltern, und jetzt das. Was der Knabe schöne Beine hat. Die Verwandten standen um meinen Laufstall. Was der Knabe große Füße hat. 47, wie Günther Netzer. Der wird weit kommen. Eine Morgenzeugung, sagte mein Vater stolz. Den hab ich gemacht nach zwei Tassen Krönung. Ich entschied mich für Nichtaufgeben. Weitersuchen. Wär doch gelacht. Ich war doch immer so sicher. Und systematisch. Ich starrte auf die rauhen Mengen Kataloge, die abstoßende Vielfalt der Möglichkeiten: Neckermann Tui Reisen&Mehr Studiosus Dr.Tigges Globetrotter HolidayLand WorldTravel HapagLloyd AtlasReisen SindbadReisen Tourconsult Elantouristik GlobalReisen. Anfangs hatte ich alle noch feinsauber gestapelt, nach Rubriken sortiert, Individualreisen, Pauschalreisen, Bildungsreisen, Kultur&Natur, Sport&Fun. Jetzt lagen sie durcheinander wie ein aus der Hand geglittenes Kartenspiel. Überwinden Sie nur am Seil baumelnd tief eingeschnittene Canyons oder spüren Sie, wie beim Abseilen d Leseprobe
Schlagzeile
'GLOBAL FISH ist Ulysses Reloaded, ist Kafka meets Monty Python. Rainald Grebes Romandebüt ist das großartigste, verstörendste, komischste Buch, das ich in den letzten Jahren gelesen habe.' Jess Jochimsen